TGS feiert 125-jähriges Bestehen

Großes Jubiläum: Die Turngesellschaft (TGS) Hausen feiert ihr 125-jähriges Bestehen. 

 

Eine Urkunde, unterschrieben von Ministerpräsident Boris Rhein, sowie die Silberne Ehrenplakette des Landes Hessen, überreichte Bürgermeister Manuel Friedrich anlässlich des 125-jährigen Bestehens an den TGS-Vorsitzenden Steffen Bogdahn 

Pressebericht in der Offenbach Post vom 24. Oktober 2022 von Michael Prochnow

Obertshausen – „Jedes Jahr über Lämmerspiel schimpfen heißt nicht, den Hauptverkehrsweg in die Luft zu jagen“, hallt es übers Vereinsgelände der TGS Hausen. „Die Brücke musste weg, viele Pendler gucken in die Röhre, in den Abgrund, und gewinnen die Einsicht, für die gewaltigen Wassermassen der reißenden Rodau reicht keine einfache Brücke, es muss ein imposantes Bauwerk sein!“ So etwas darf nur das älteste Mitglied der 125-jährigen Gemeinschaft von sich geben, der Hausener Kerbborsch! Oder eben der Kerbvadder, Steffen Bogdahn, und der ist in Personalunion der Vorsitzende der Turngesellschaft (TGS) Hausen.

Wegen der Corona-Maßnahmen feierte einer der größten Vereine der Stadt sein 125-jähriges Bestehen nur mit der Kirchweih. Über viele Jahrzehnte verliehen TGS-Aktive dem Brauch sein Gesicht. Inzwischen richtet der Vereinsring die Kerb aus, zum Jubiläum der TGS zogen sie aber zurück an die Wurzeln der Tradition.

Die des Vereins liegen im Gasthaus von Jakob Kaiser. „37 Männer und zwei Zöglinge“ gründeten im Juni 1897 die Gemeinschaft, wählten Nicolaus Picard zum 1. Vorsitzenden und Adam Paul zum Schriftführer, ist der Chronik zu entnehmen. Vereinswirt Kaiser war es, der den ersten Turnplatz an der heutigen Jahnstraße zur Verfügung stellte, die notwendigen Sportgeräte konnten mithilfe von Mitgliedsbeiträgen und Spenden erworben werden.

Bereits 1911 wurde der Platz für den wachsenden Sportbetrieb zu klein. Durch Baulandumlegung siedelten sich 1935 Betriebe an, die Leichtathleten mussten sich auf den verbliebenen 2 000 Quadratmetern arrangieren.

„Auch die Geselligkeit kam nicht zu kurz“, hält die Historie fest. Veranstaltungen liefen bis 1914 im Gasthaus „Zum Gambrinus“, danach im „Schützenhof“ und von 1923 bis 1969 in der „Krone“.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete sich zunächst die Sportgemeinschaft Hausen, der neben der Turngesellschaft der Turnverein, der FC Teutonia, die DJK und der Schachklub angehörten. Diese Gemeinschaft wurde jedoch 1947 wieder aufgelöst.

Am 30. Januar 1949 formierte sich die TGS mit 71 Mitgliedern, 17 Jugendlichen, 30 Schülerinnen und Schülern sowie 13 Turnerinnen zu einem selbstständigen Sportverein. Dank des unermüdlichen Einsatzes von Leopold Picard konnte im selben Jahr der jetzige Sportplatz im damaligen Mühlfeld erworben worden. „Dies war eine der entscheidenden Voraussetzungen für die weitere Vereinsentwicklung“, heißt es.

Eine kleine Übungshalle entstand und neue Abteilungen bildeten sich. Durch das wachsende sportliche Angebot stieg die Mitgliederzahl und der Vorstand beschloss, zusätzliche Einrichtungen zu schaffen, die jedoch nach einigen Jahren den Anforderungen nicht mehr gerecht wurden.

Seit 1969 verfügt die Turngesellschaft über ein Vereinsheim mit sanitären Anlagen, Übungsräumen, Sitzungszimmern, einer Gastwirtschaft sowie einer Sporthalle. Die wichtigste Voraussetzung, den Breitensport zu fördern, war das enorme Engagement der Familien Jakob und Hans Wolf. Seit 1980 steht die größere Leopold-Picard-Halle mit weiteren Duschräumen, Kegelbahnen und einem Geräteraum für den Trainingsbetrieb zur Verfügung.

1984 entstand der Anbau des Jugendraumes, auch der Saal über der Waldschänke erfuhr dadurch eine Erweiterung. Weitere Baumaßnahmen waren die Überdachung zwischen den Gebäuden und dem Sportgelände, die Bewässerungsanlage im Rasenfeld sowie die Befestigung des Parkplatzes.

Der Verein veranstaltete vier regionale Turnfeste, zum 80-jährigen Bestehen 1977 fand ein zünftiges Volksfest statt. Dazu steigt an Fastnacht mit der Sängerlust der letzte große Maskenball in der Stadt. Die Faustballer richten an Christi Himmelfahrt ein Turnier aus, seit 1976 startet mit dem internationalen Volkswaldlauf am Freitagabend vor der Kirchweih ein leichtathletischer Oldie-Wettkampf. Die Turner laden zur Sport- und Musikschau in die Rodauhalle, das Blasorchester gestaltet im Advent ein Konzert.

Anfangs übten sich die TGS-Sportler nur in Geräteturnen und einigen leichtathletischen Disziplinen für Männer und Jugendliche. Eine Kinderabteilung kam erst später hinzu. Frauen waren zunächst allein mit Tanzdarbietungen und als Festdamen bei Jubiläen aktiv. Erst 1924 folgte die Abteilung für Turnerinnen. Rudolf Picard hieß der erste Teilnehmer des Vereins am Deutschen Turnfest 1933 in Stuttgart. Bei allen weiteren Turnertreffen wurden die Hausener angeführt von Fahnenträger Ludwig Henzler. Nach 1949 waren die Geräteturner in Mannschaftswettkämpfen unschlagbar – ein Verdienst von Turnwart Georg Rückert.

Der Spielmannszug bestand allein aus Trommlern und Querflötisten. Nach dem Weltkrieg bauten Martin Keller und Heinrich Bolender ein Ensemble unter der Leitung von Hans Klasser auf. 1964 übernahm Gerhard Vetter den Taktstock und wandelte das Ensemble zum Musikzug um. Den nachfolgenden Dirigenten gelang die Entwicklung zum heutigen Blasorchester.

Nach dem Bau des Vereinsheimes bot die TGS auch Gymnastik und Tanz, Moderne Frauengymnastik, Skigymnastik, Turnen für Mutter und Kind und für „Jedermann“ an, die Abnahme des Sportabzeichens, Faust-, Volley- und Hobbyfußball, Badminton, Tischtennis, Tanzsport, Radsport und seit 1998 auch Rugby. Heute zählt die Turngesellschaft Hausen rund 1 000 Mitglieder in 19 Abteilungen.

„Unsere Aufgabe ist, unseren Ort lebendig zu halten“, schließt der Kerbvadder. „Wir haben Vereine, Kultur, Tradition – Gründe genug, das Sofa zu verlassen.“ (Michael Prochnow)

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